Arabische Medizin

Fernsehen bildet….manchmal.

„Der Medicus“

Die Verfilmung des Buches- lehrreich und interessant- auf alle Fälle, was die Heilkunst betrifft….

Der Islam war der westlichen Welt im Mittelalter in Medizin und Astrologie weit voraus. Wirklich spannend und ich denke, recht unbekannt-oder wusstet ihr, dass……..Ibn Sina die enge Beziehung zwischen Gefühlen und dem körperlichen Zustand bemerkte. Er befasste sich mit der positiven physischen und psychischen Wirkung der Musik auf Patienten.

Die Muslime leisteten viel mehr, als nur die Traditionen der Vergangenheit in Sicherheit zu verwahren. Ihnen ist auch die Etablierung der Pharmazie und Chemie als Wissenschaften zuzuschreiben.

Viele Drogen, die vordem unbekannt oder wenig beachtet waren, wurden Teil der materia medica. Methoden der Extraktion und Zubereitung von Medizin erreichten eine hohe Kunst, und die arabischen Techniken der Destillation, Kristallisation, Lösung, Sublimierung und Reduktion sollten die wesentlichen Prozesse der Pharmazie und Chemie werden.

Obwohl die Ärzte oft noch weiterhin ihre eigenen Medikamente bereiteten, wurde die Pharmazie als eine eigene Wissenschaft unter arabischen Herrschern etabliert.

Die wichtige Rolle der Entwicklung der modernen Chemie findet ihren Ausdruck in der bedeutenden Anzahl heute verwendeter chemischer Begriffe, die der arabischen Sprache entstammen: unter anderem Alkali, Alkohol, Elixier und auch Sirup.

Es wurde starke Betonung auf klinischen Unterricht gelegt, und einige arabische Mediziner wurden für ihre brillanten Beobachtungen berühmt, die den Test der Zeit bestanden haben. Sie beschrieben Krankheiten, die von den Griechen kaum als solche erkannt worden waren. Sie verstanden die Tuberkulose und Pericarditis besser als ihre Vorgänger. Hakim Ibn Sina legte sogar die übertragbare Natur der Tuberkulose nahe.

Die Entwicklung von leistungsfähigen Krankenhäusern war ein herausragender arabischer Beitrag zur Medizin. Die römischen militärischen „valetudinaria“ und die seltenen christlichen Krankenhäuser, wie etwa das von Fabiola gegründete, waren nur rohe Prototypen im Vergleich mit der Anzahl, Organisation und Vortrefflichkeit der arabischen Krankenhäuser in der Zeit nach dem Propheten Muhammad.

Hakim Ibn Sina (980-1037)
Im nördlichen Stadtzentrum von Isfahan liegt der Bezirk Dardascht. Hier befand sich im 11. Jahrhundert die „Schule der Medizin“ des großen Ibn Sina, oder Avicenna, wie man ihn hier im Westen kennt. Das Gebäude ist heute stark renovierungsbedürftig und auch nicht mehr zugänglich.

Ibn Sina wurde 980 in Afchaneh bei Buhara geboren. Er eignete sich selbständig die medizinische Wissenschaft an und beherrschte schließlich die „Metaphysik“ des Aristoteles, wobei ihm die arabischen Kommentare Al-Farabis sehr halfen. Seine medizinischen Fähigkeiten erweckten die Aufmerksamkeit des Sultans von Bukhara, der ihn unter seinen Schutz stellte. Dennoch reiste er immer weiter Richtung Westen und war schließlich der Vesir des Prinzen von Hamadan und später, als dieser von seinem Wunsch, nach Isfahan zu gehen, erfuhr, als dessen Gefangener.

Ibn Sina konnte schließlich der Gefangenschaft, als Sufi getarnt, entkommen und nahm Zuflucht beim Amir von Isfahan. Hier konnte er die ihm zustehende Ehre genießen. Nachts hielt er philosophische Treffen ab, die der Amir manchmal selbst leitete. Während der restlichen Zeit schrieb er seine großen Werke.

Ibn Sina starb auf einer Reise von Isfahan nach Hamadan im Alter von 58 Jahren. Seine Grabstätte war jahrhundertelang das Ziel zahlloser Pilger. Eine gemeißelte Inschrift nennt ihn „Arzt aller Ärzte, den Vorzüglichsten der Vorzüglichen“.

Ibn Sinas „Kanon“ der Medizin
An allen Universitäten Europas war der „Kanon“ Ibn Sinas die Grundlage des medizinischen Studiums. Obgleich Paracelsus den Kanon 1525 auf den Index setzte, wurde er noch im 17. Jahrhundert an holländischen Universitäten als Lehrbuch empfohlen.

Bis zum 18. Jahrhundert finden sich zahlreiche Neuauflagen. Die jahrhundertelange Verwendbarkeit des „Kanons“ der Medizin beruht auf seiner Vollständigkeit, seiner Systematik und der Klugheit seiner Ratschläge. Er besteht aus fünf Büchern, von denen jedes einzelne in eine Anzahl Unterabteilungen oder Fen zerfällt.

Das erste Buch bietet Definition und Aufgabe der Medizin, Anatomie und Physiologie der einzelnen Organe, die Lehre von den Elementen, „Komplexionen“, „Temperamenten“ und „Säften“, in der versucht wird, eine Theorie des Stoffwechsels und der physiologischen Vorgänge aufzustellen. Das Buch behandelt weiter die Ursachen und Symptome der Krankheiten, gibt eine Pulslehre und erläutert Harnuntersuchungen. Außerdem werden Kinderheilkunde und Diätlehre, allgemeine Therapie, Blutentziehung, Schröpfen und Darmausspülung behandelt.

Das zweite Buch enthält eine allgemeine Darstellung der einzelnen Heilmittel. Das europäische Mittelalter fand sich in den Heilmitteln Avicennas oft nicht zurecht, weil man erst nach langer Mühe die botanische Bedeutung der angeführten Pflanzennamen verstand und die arabischen Pflanzennamen zu übersetzen vermochte.

Das dritte Buch behandelt spezielle Pathologie und Therapie mit anatomischen und physiologischen Grundlagen und gibt ein Bild der Erkrankungen folgender Körperteile: Gehirn, Auge, Ohr, Nase, Mund, Zunge, Zähne, Lippen, Kehle (dabei behandelt es Luftröhrenschnitt und Kanülenverwendung), Lunge, Herz, Blutdrüsen, Magen, Leber, Milz, Darm, Harnorgane und Genitalien. Außerdem befaßt es sich mit Geburtshilfe, ferner mit Bruch- und Extremitätenerkrankungen.

Im vierten Buch werden verschiedene Arten von Fieber, darunter Masern, Röteln und Pocken beschrieben und ihre Behandlung angegeben. Außerdem finden wir eine Lehre von den krankhaften Veränderungen, eine Prognostik und Krisenlehre sowie eine Abhandlung über Chirurgie, dazu eine Lehre von den vergifteten Wunden und Ausführungen über Mittel der Kosmetik.

Das fünfte Buch schließlich behandelt die zusammengesetzten Arzneimittel.

Über die Bedeutung des Wassers gibt Ibn Sina eine umfassende Theorie: Er handelt über die Einwirkung des Wassers auf die Physiologie der Ernährung, den Flüssigkeitszustand der Gewebe und seinen Zusammenhang mit fiebrigen und anderen Erkrankungen.

Vielgerühmt ist die Exaktheit in dem Abschnitt des „Kanons“, der über die Beobachtung des Pulsschlages handelt. Die chinesische Medizin hatte in dieser Hinsicht eine besonders feine Diagnostik entwickelt, die von Avicenna noch weitergebildet wurde. Seine eigene diagnostische Fähigkeit wird in Zusammenhang mit den Pulsuntersuchungen durch eine im Mittelalter weit verbreitete scherzhafte Geschichte deutlich gemacht:

Ibn Sina hatte den Auftrag, einen stumm gewordenen jungen Menschen zu heilen. Als er sich nicht mehr zu helfen wußte, ließ er einen seiner Schüler die Namen der Städte und Dörfer der gesamten näheren und weiteren Umgebung laut und deutlich aufzählen. Er selbst überwachte den Puls, um jede Veränderung im Befinden des Patienten beim Nennen irgendeines der angeführten Namen feststellen zu können. Bei der Nennung eines bestimmten Ortes diagnostizierte er eine Erhöhung des Pulsschlages und urteilte, der junge Mann sei aus Liebeskummer krank geworden. Er ordnete die Überführung nach dem betreffenden Ort an und siehe da, die Heilung war nach einiger Zeit vollständig. Von Ekrem Yolku

Der Qānūn at-Tibb (Kanon der Medizin) ist das bei weitem berühmteste von Ibn Sinas Werken. Das Werk ist mehrfach unterteilt. Die Hauptunterteilung sind die fünf Bücher:

  1. Allgemeine Prinzipien (Theorie der Medizin)
  2. Alphabetische Auflistung von Medikamenten (Arzneimittel und ihre Wirkungsweise)
  3. Krankheiten, die nur spezielle Organe betreffen (Pathologie und Therapie)
  4. Krankheiten, die sich im ganzen Körper ausbreiten (Chirurgie und Allgemeinkrankheiten)
  5. Produktion von Heilmitteln (Antidotarium)

Im Qānūn wird beschrieben, dass Tuberkulose ansteckend ist und dass Krankheiten von Wasser und Erde übertragen werden können. Er gibt eine wissenschaftliche Diagnose von Ankylostomiasis (Hakenwurmbefall) und beschreibt die Bedingungen des Auftretens von Eingeweidewürmern. Der Qānūn behandelt die Wichtigkeit vonDiäten, den Einfluss des Klimas und der Umwelt auf die Gesundheit und den chirurgischen Gebrauch von oralerAnästhesie. Ibn Sina rät Chirurgen, Krebs in seinen frühesten Stadien zu behandeln und sicherzustellen, dass alles kranke Gewebe entfernt worden ist. Des Weiteren wird die Anatomie des Auges richtig beschrieben, und es werden verschiedene Augenkrankheiten (wie Katarakt) beschrieben. Außerdem werden Symptome ansteckender und sexuell übertragbarer Krankheiten genannt sowie auch diejenigen von Diabetes mellitus. Das Herz wird als Pumpe aufgefasst.

Die Materia Medica („Medizinisches Material“) des Qānūn enthält 760 Medikamente mit Angaben zu deren Anwendung und Wirksamkeit. Ibn Sina war der erste, der Regeln aufstellte, wie ein neues Medikament zu prüfen sei, bevor es Patienten verabreicht wird.

Ibn Sina bemerkte die enge Beziehung zwischen Gefühlen und dem körperlichen Zustand und befasste sich mit der positiven physischen und psychischen Wirkung der Musik auf Patienten. Zu den vielen psychischen Störungen, die er im Qānūn beschreibt, gehört auch die Liebeskrankheit. Wie es heißt, hat Ibn Sina die Krankheit des Prinzen von Gorgan diagnostiziert, der bettlägerig war und dessen Leiden die örtlichen Ärzte verwirrte. Ibn Sina bemerkte ein Flattern im Puls des Prinzen, als er die Adresse und den Namen seiner Geliebten erwähnte. Der große Arzt hatte ein einfaches Heilmittel: Der Kranke sollte mit seiner Geliebten vereint werden.

Im 12. Jahrhundert wurde der Kanon von Gerhard von Cremona ins Lateinische übersetzt. Das Werk, von dem 1470 im gesamten Abendland 15–30 lateinische Ausgaben existierten, galt bis ins 17. Jahrhundert als wichtiges Lehrbuch der Medizin. 1493 erschien es in Neapel in einer hebräischenFassung, 1593 wurde es als eines der ersten persischen Werke in Rom in arabischer Sprache gedruckt. 1650 wurde der Kanon zum letzten Mal an denUniversitäten von Löwen und Montpellier benutzt.

Neben dem Kanon gibt es noch 15 medizinische Werke Ibn Sinas, von denen acht in Versen geschrieben sind. Sie enthalten unter anderem die 25 Zeichen der Erkennung von Krankheiten, hygienische Regeln, nachgewiesene Arzneien, anatomische Notizen. Unter seinen Prosa-Werken findet die Abhandlung über Herzmedikamente besondere Beachtung.

 

PS: Hier findet ihr die materia medica online von Vithoulkas u.a. http://www.vithoulkas.com/materia-medica-by-boericke